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Freie Waldorfschule Werra-Meißner
Am Bahnhof 2, 37269 Eschwege
Tel.: 05651 754396
Fax: 05651 754398

Klassenhaus Eisenbahnstraße
Tel.: 05651 227836

Waldorfkindergarten
Tel.: 05651 3357596

20 Fragen – 20 Antworten

1. Welche Kinder werden an einer Waldorfschule aufgenommen?

Waldorfschulen stehen grundsätzlich allen Kindern offen - unabhängig von Religion, Hautfarbe, Geschlecht und Einkommen der Eltern. Nach ausführlichen Informationselternabenden findet für jedes Kind ein Aufnahmegespräch an der Schule statt. Auch in höhere Klassen können Schüler*innen als Quereinsteiger aufgenommen werden.

2. Wer war Rudolf Steiner und was hat er mit der Waldorfpädagogik zu tun?

Rudolf Steiner gründete 1919 die erste Waldorfschule in Stuttgart. Die Idee dazu ging von Emil Molt aus, dem fortschrittlich gesinnten und sozial engagierten Besitzer der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik, der eine Schule für die Kinder seiner Arbeiter einrichten wollte. Inhalt und Methode der Waldorfpädagogik beruhen auf Rudolf Steiners Erkenntnissen über die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

3. Muss ein Kind musisch begabt sein, damit es für die Waldorfschule geeignet ist?

Nein, die Waldorfschule ist eine Schule für alle Begabungsrichtungen. Wenn Waldorfschüler*innen malen, zeichnen, plastizieren oder bildhauen, geht es dabei nicht so sehr um das Ergebnis, als vielmehr um den Prozess. Im Prozess üben die Kinder und Jugendlichen eine Vielzahl von Fähigkeiten über das rein künstlerische Gestalten hinaus. Waldorflehrer*innen sind bestrebt, den Verstand, die Kreativität und die Persönlichkeit ihrer Schüler*innen gleichgewichtig zu entwickeln.

4. Ist es nicht so, dass hauptsächlich Kinder mit Lernschwierigkeiten auf eine Waldorfschule gehen?

Nein. Ausdrücklich nein. Für Kinder, die Teilleistungsschwächen oder Verhaltensstörungen haben, gibt es - wie im staatlichen Schulsystem auch - besondere Waldorfschulen: Die heilpädagogischen Förderschulen. An Waldorfschulen, die nicht ausdrücklich solche Sonderschulen sind, lernen Kinder aller Begabungsrichtungen wie an den staatlichen Regelschulen auch, nur dass hier neben intellektuellen Fähigkeiten gleichgewichtig auch soziale und handwerklich-künstlerische Fähigkeiten angesprochen werden.

5. Stimmt es, dass Waldorfschulen immer sehr große Klassen haben?

Das ist von Schule zu Schule verschieden. Die Waldorfschule in Eschwege arbeitet mit bis zu 25 Kindern in der Klasse.

6. Stimmt es, dass es an der Waldorfschule keine Noten und kein Sitzenbleiben gibt?

Auch wenn Waldorfschulen in der Unter- und Mittelstufe auf Noten verzichten, korrigieren die Lehrer*innen selbstverständlich alle Schülerarbeiten. Sie lassen es aber nicht bei Noten bewenden, sondern formulieren individuelle Beurteilungen. In den Zeugnissen gehen die Lehrer ausführlich auf die Persönlichkeitsentwicklungen und auf die Lernfortschritte ihrer Schüler*innen ein. Die Waldorfpädagogik richtet sich nach den Entwicklungsphasen der Kinder und der Jugendlichen. Deshalb ist nicht der Wissenstand, sondern die Gesamtentwicklung entscheidend. Noten gibt es - neben den Textzeugnissen - an der Waldorfschule Eschwege ab der 8.Klasse.

Es gibt kein Sitzenbleiben. Sollten Schüler*innen allerdings mit dem Stoff nicht zurechtkommen oder überfordert sein, wird in einem Gespräch des Klassenlehrers/der Klassenlehrerin mit den Eltern beraten, ob nicht doch die Klasse wiederholt werden sollte. Eltern und Schüler*innen können dann frei entscheiden.

7. Ohne Noten und ohne Sitzenbleiben: Sind die Kinder dann überhaupt zum Lernen motiviert?

Da der Waldorfschulunterricht auf die jeweilige Entwicklungsphase der Schüler*innen abgestimmt und sehr lebensnah gestaltet ist, stellt sich dieses Problem nur selten. Die Kinder und Jugendlichen lernen Initiative zu entwickeln, nicht aufgrund von Leistungsdruck, sondern aus einer gesunden Motivation heraus.

8. Ist die Waldorfschule teuer?

Obwohl Waldorfschulen erwiesenermaßen besser wirtschaften als Regelschulen, sind sie auf Elternbeiträge angewiesen. Zwar ist im Grundgesetz das Recht auf freie Schulwahl verankert, aber die Zuschüsse der öffentlichen Hand an die Privatschulen sind wesentlich niedriger als die Mittel, die sie für Regelschulen aufwendet. Nachdem die Eltern in Gesprächen die Bedürfnisse der Schule kennen gelernt haben, legen sie ihre Beiträge selbst so fest, dass diese einerseits den Notwendigkeiten des Schulbetriebes, andererseits ihren eigenen finanziellen Möglichkeiten entsprechen. Es ist ein Prinzip der Waldorfschule, kein Kind aus finanziellen Gründen abzulehnen.

9. Ist Waldorfpädagogik nicht so etwas wie das Vorgaukeln einer heilen Welt?

Kommen die Schüler*innen später denn überhaupt mit der harten Realität zurecht? Die Praxis zeigt, dass gerade Waldorfschüler*innen von Ausbildern besonders geschätzt werden. In einer Schule, die nicht nur die intellektuellen Fähigkeiten anspricht, können sich Schlüsselqualitäten wie Teamfähigkeit, Kreativität und die Fähigkeit, prozessual zu denken, vom ersten Schultag an entwickeln.

10. Welche Abschlüsse können an einer Waldorfschule gemacht werden?

In den einzelnen Bundesländern gelten hierzu unterschiedliche Bestimmungen. In der Regel können alle staatlichen Abschlüsse und der Waldorfabschluss gemacht werden. Hier in Eschwege werden der Haupt- und der Realschulabschluss sowie der erweiterte Realschulabschluss angeboten.

11. Die Waldorfschulen nennen sich "freie Schulen". Heißt das, dass die Kinder dort antiautoritär erzogen werden?

Nein. Waldorflehrerinnen und -lehrer bauen im Gegenteil in der Unterstufe ein von "liebevoller Autorität" geprägtes Verhältnis zu ihren Schülern auf. Kinder suchen ihre Grenzen. Nur wenn sie ihre Grenzen von den Erwachsenen erfahren, fühlen sie sich einerseits sicher und erleben sich andererseits als eigene Persönlichkeit. Im Laufe der Schulzeit wandelt sich das Lehrer-Schüler-Verhältnis mit der Entwicklung der Heranwachsenden. "Frei" bedeutet in diesem Zusammenhang auch "freie Trägerschaft" im Gegensatz zu den staatlichen Schulen öffentlicher Trägerschaft. Andere Schulen in freier Trägerschaft sind z.B. konfessionelle Schulen. Schulen in freier Trägerschaft sind auch sogenannte staatlich anerkannte Ersatzschulen und werden vom Grundgesetz geschätzt und geschützt als Garanten für eine Bildungsvielfalt.

12. Warum haben die Kinder in den ersten vier Schuljahren nach Möglichkeit ein und denselben Klassenlehrer?

In einer Gemeinschaft, die von Beständigkeit und Rhythmus geprägt ist, können Kinder sich gesund entfalten. Um ihnen darin eine verlässliche Stütze zu sein, begleitet ein Waldorf-Klassenlehrer seine Klasse nach Möglichkeit vier Jahre lang durch den Hauptunterricht, der die ersten beiden Stunden eines Schulvormittags in Form von Epochenunterricht umfasst. Dabei lernt er seine Schüler*innen sehr gut kennen und kann individuell auf ihre Stärken und Schwächen eingehen.

Weil die Abschlüsse (Hauptschulabschluss, qual. Hauptschulabschluss, Realschulabschluss) an der Freien Waldorfschule Werra-Meißner bereits nach 10 Jahren (statt wie an anderen Waldorfschulen nach 12 Jahren) erworben werden können, ist die Dauer der Begleitung einer Klasse durch den Waldorf-Klassenlehrer ebenfalls verkürzt auf nur vier Jahre.

13. Kann ein Lehrer/eine Lehrerin in allen Fächern überhaupt qualifizierten Unterricht erteilen?

Für Lehrer*innen an Waldorfschulen gibt es eine eigene Ausbildung, die in einem Vollzeitstudium oder auch berufsbegleitend auf die besonderen Erfordernisse des Waldorfschulunterrichts vorbereitet. Klassenlehrer*innen begleiten ihre Klassen über mehrere Jahre und erteilen jeden Morgen in den ersten beiden Schulstunden den Hauptunterricht - jeweils ein Fach über mehrere Wochen (Epochenunterricht). Nach zwei Stunden Hauptunterricht übernehmen Fachlehrer*innen den Unterricht in Fremdsprachen, Sport, Eurythmie, Musik, Religion und in den handwerklichen Fächern. In der Unter- und Mittelstufe geht es an der Waldorfschule nicht um die Fülle reinen Fachwissens. Vielmehr liegt der Schwerpunkt darauf, dass die Schüler*innen eine lebendige Beziehung herstellen zu dem, was sie lernen, was sie sind und was sie in der Welt erleben. Auf diese Weise kann Lernen Freude machen - ein Leben lang!

14. Was ist unter Epochenunterricht zu verstehen?

In den ersten beiden Stunden eines Schulvormittags behandeln Waldorflehrer*innen ein Stoffgebiet in Epochen über mehrere Wochen hinweg. So haben die Schüler*innen zum Beispiel drei Wochen lang jeden Tag zwei Stunden Geschichte, dann wieder drei Wochen lang zwei Stunden Mathematik, usw. Sie können sich auf diese Weise intensiv mit einem Stoffgebiet verbinden. Grundfertigkeiten wie etwa Rechnen oder Schreiben festigen die Schüler über den Epochenunterricht hinaus in fortlaufenden Übstunden.

15. Worin unterscheiden sich Waldorfschulen denn überhaupt von anderen Schulen?

Der Unterricht an einer Waldorfschule ist nicht einseitig auf Wissensvermittlung ausgerichtet. Waldorfschulen wollen verstandesmäßige, kreative, künstlerische, praktische und soziale Fähigkeiten bei den Kindern und Jugendlichen gleichmäßig entwickeln. Vom ersten Schuljahr an lernen Waldorfschüler*innen zwei Fremdsprachen. Jungen und Mädchen stricken, nähen und schneidern gemeinsam in der Handarbeit und sägen, hämmern und feilen gemeinsam im Werkunterricht.

16. Wie werden die Jugendlichen in den Abschlussklassen auf die Berufswelt vorbereitet?

Während der gesamten Oberstufe werden die Schüler*innen in allen Fächern von Fachlehrer*innen unterrichtet. Die handwerklichen Fähigkeiten, die sie sich über die gesamte Schulzeit hinweg haben aneignen können, werden von der 8. Klasse an durch mehrere Praktika ergänzt: In einem Landwirtschafts- und einem Forstpraktikum, einem Feldmess-, einem Betriebspraktikum erhalten die Schüler*innen eine ausgesprochen lebensnahe Ausbildungsgrundlage. Dabei liegt der eigentliche Sinn der Praktika nicht in der Berufsfindung, sondern im Erüben sozialer und persönlicher Fähigkeiten, wie sie in der Schule nicht vermittelt werden können.

17. Kommt die Vorbereitung auf die Abschlüsse nicht zu kurz, wenn an der Waldorfschule so viele Praktika stattfinden, wenn Theater gespielt und handwerklich gearbeitet wird?

Es ist richtig, dass diese Aktivitäten zusammen mit dem Lernpensum in manchen Schuljahren eine Doppelbelastung für die Schüler*innen bedeuten. Hier müssen immer wieder individuelle Lösungen gefunden werden. Tatsächlich liegen die Abschlüsse an Waldorfschulen aber gleichauf mit den staatlichen Regelschulen, meist liegen sie sogar über dem Durchschnitt.

18. Spielen die Naturwissenschaften an der Waldorfschule überhaupt eine Rolle? Und wie stehen die Waldorfschulen zum Umgang mit dem Computer?

An der Waldorfschule stehen die naturwissenschaftlichen Fächer gleichgewichtig neben allen anderen Unterrichtsfächern. Das Fach Informatik ist fester Bestandteil an der Waldorfschule, wobei die Pädagog*innen Wert darauf legen, dass sich die Kinder, bevor sie die virtuelle Welt kennenlernen, mit der natürlichen Welt vertraut machen und ihre sozialen und schöpferischen Fähigkeiten an ihr entwickeln. Ab der 7.Klasse ist der Umgang mit der Soft- und Hardware für fast jede*n Waldorfschüler*in eine Selbstverständlichkeit.

19. Werden die Kinder an der Waldorfschule weltanschaulich unterrichtet?

Die Waldorfschule ist konfessionell nicht gebunden. Zunächst entscheiden die Eltern, welchen Religionsunterricht ihr Kind besucht, später entscheiden die Jugendlichen selbst. Rudolf Steiners geisteswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Unterrichts.

20. Was hat es mit dem Fach Eurythmie auf sich?

Eurythmie ist eine Bewegungskunst, die an Waldorfschulen in allen Klassen unterrichtet wird. Im Unterschied zu gymnastischen, pantomimischen oder tänzerischen Bewegungen, die völlig frei gestaltet werden können, gibt es in der Eurythmie für jeden Buchstaben und jeden Ton eine ganz bestimmte Gebärde. In der Lauteurythmie stellen die Schüler*innen zum Beispiel dar, was in einem Gedicht an Lauten und in der Toneurythmie, was in den Tonintervallen einer musikalischen Komposition lebt.